Maskenball

Kennt ihr den Maskenball?
Den Maskenball des Lebens?

Dieses unverständliche Gehabe um Coolness und Erfüllung von Erwartungen?
Natürlich kennt ihr ihn. Ihr spielt, ihr veranstaltet ihn jeden Tag aufs Neue.
Niemand weiss, warum ihr das tut... ihr seid dadurch nicht besser, als ihr es ohne Maske seid, ihr seid nur anders. Ihr verschleiert euch, mauert euch selber in ein tiefes steinernes Grab ohne Wärme ein und lasst niemanden die Steine herausreissen, um euch dort hinauszuholen.
Ihr seid nur ein Schatten eurer Selbst.

Euer Selbst starrt durch seine Masken und stellt sich dabei vor, wie es wäre, sie sinken zu lassen. Es stellt es sich vor und Angst macht sich in euch breit. Angst vor Schwäche, denn eure Maske ist euer Schild und niemand kann diese Maske durchdringen. Niemand ausser euch selbst. Und was tut ihr? Ihr weigert euch sie zu lösen, weil es nicht cool wäre, man selbst zu sein. Ihr weigert euch ihr selbst zu sein, um nicht dem Schatten eines anderen erliegen zu müssen. Niemand sengt seine Maske je ganz gen Boden. Niemand lässt sie sinken, auf dass er nicht dem zum Opfer fällt, was erst durch die Masken entstanden ist: Coolness und sein Gegenteil. Gäbe es keine Masken, so gäbe es keine Coolness und jeder könnte sein wie er wollte. Aber ihr mauert euch ein und eure Mauersteine, die von Coolness zusammengehalten werden, zerbröckeln Stückchen fuer Stückchen, wie hard sie auch sein mögen. Irgendwann wird die Mauer zerstört, euer Schutzwall zerschossen sein, von den anderen, die versuchen, euch euer cooles Gehabe zu nehmen und euch zu degradieren, in die Abgründe dessen, was ihr nie sein wolltet... ihr selbst nämlich. Gegen ein bisschen Coolness ist in der Tat nichts einzuwenden. Sie kann euch helfen. Aber mauert euch nicht völlig zu. Last eine Leiter, die nach draussen führt...
Nicht einmal die, die so eng zusammen sind, wie es nur möglich ist, ich meine nicht im sexuellen Sinn, sondern den Sinn der Freundschaft, der wirklichen Liebe, selbst sie, senken ihr Masken nicht... vielleicht lassen sie nur einige ein wenig durchsichtig werden. Ein ganz kleines bisschen transparent.

Ich erzähle die ganze Zeit von den Masken, als würden sie nur anderen zustoßen, aber das stimmt nicht. Auch ich bin hinter meiner Maske verborgen, vielleicht trage ich auch viele, verstecke mich kläglich, um nicht sein zu müssen, wie ich wirklich bin. Ich bin genauso wie jeder andere und kann diese Tatsache nur an den Pranger stellen.

Niemand kennt den anderen wirklich. Oft geht es sogar soweit, dass noch nicht einmal der hinter den Mauern Verborgene weiss, wer er ist. Kennt ihr den Maskenball des Lebens? Nein. Ihr kennt ihn genauso wenig wie ich, denn wenn man ihn kennen würde, so wäre er in seinen Grundfesten erschüttert. Wenn jemand den Maskenball kennt, so kennt er automatisch auch seine Spieler. Also hält sich sogar das Spiel selbst hinter seinen Mauer auf und niemand wird es finden. Also können wir nur versuchen, hin und wieder den Kopf herauszustrecken und nach ihm zu suchen, unbeirrt des Schleiers, der auf uns wartet, wenn wir den Kopf wieder einziehen. Machen wir uns ein bisschen frei, nur für einige Augenblicke. Wenn wir das schaffen, so bröckeln wir an den Mauern des Spiels, des Maskenballs. So können wir ein bisschen sein, wer wir im Inneren immer sein wollten: Wir selbst.

Niemand kennt den anderen, niemand kennt den Maskenball.

 
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