Bambu Lab P1S: Mein neuer 3d-Drucker
Der Bambu Lab P1S ist einer der Drucker, die in den letzten Wochen und Monaten am meisten in den 3d-Druck-Community-News aufgetaucht sind.
Der Drucker zeichnet sich durch einige Features aus, die typischerweise nicht in dieser Preisklasse (z. Z. 749 Euro, wobei die Kombo mit AMS und einigen weiteren Ersatzteilen und Erweiterungen eher 1.100 Euro) finden lassen.
Einige, interessante Features sind:
- Automatisches Druckplatten-Ausrichten
- Abgeschlossener Druckraum und Beheizbare Druckplatte
- Besonders hohe Druckgeschwindigkeit
- Ablösbare und austauschbare Druckplatte
- Vollständiger Metall-Druckkopf
- Kameraüberwachung
- Zusammen mit der AMS-Einheit mehrmaterial bzw. mehrfarbiger Druck möglich (4-16, da die AMS-Einheiten zusammengeschaltet werden können)
Alles sehr interessant. Aber in diesem Post möchte ich nicht nur über die guten Seiten sprechen sondern auch warum man etwas vorsichtig mit diesem Drucker sein sollte.
Die Nachteile liegen nämlich hauptsächlich im Datenschutz und einige damit verbundenen Einschränkungen, die man nur selten bei den Reviews findet. (ich denke, viele davon sind zumindest teilweise gesponsort bzw. gekauft worden)
1.) Automatisches Hochladen der Druckdaten auf einen (vermutlich) chinesischen Webserver:
Ja, ihr lest richtig. Hier werden wirklich die 3d-Modell-Daten auf den Bambu-Server hochgeladen (z. B. aus der Handyapp oder der Desktop-Software) und werden dann vom Drucker wieder heruntergeladen. Das heisst nichts anderes als, alle Prototype-Daten von z. B. neuen Entwicklungen und Designs werden automatisch an ein chinesisches Unternehmen geliefert. Das ist so ziemlich das übelste was datenschutztechnih passieren kann.
Es gibt zwar einen “LAN-only“-Mode, aber allein dadurch, dass wir hier eine Infrastruktur für die andere Systematik vorfinden, es keine USB- oder reine LAN-Schnittstelle vorfinden sondern nur WiFi (mehr dazu bei Punkt 2) und es sich hier um eine chinesische Firma handelt, die soetwas wie Copyright- und Patent-Rechte meistens dann doch eher als Richtlinie, nicht als verpflichtend betrachten, ist das schon sehr übel.
Gibt es eine Lösung?
Ja, wenn Ihr z. B. eine Firewall oder z. B. einen FritzBox-Router mit eingebauter Firewall habt.
Der Ansatz ist folgender: Wir blocken in der Firewall den Internet-Zugang für den Drucker. Zuerst zieht Ihr das Netzwerkkabel für die Außenverbindung aus Eurem Router.
Jetzt kann keine Internet-Verbindung durch das Netzwerk mehr aufgebaut werden.
Nun verbindet Ihr den Drucker mit dem WiFi-Netzwerk (leider nur über die App möglich bisher, s. u.) und blockt dann das neue Gerät in Eurer Firewall.
(der Name des Druckers war bei mir “espressif“, warum auch immer)
Bei Fritzbox ist das eine Kinderschutzfunktion oder unter “Internet > Filter“ zu finden. Andere Router oder Firewalls haben ähnliche Features, dort können die Bezeichnungender Name allerdings varieren.
Schaltet den Drucker nun über das Display auf den “LAN only mode“, der erst verfügbar wird, wenn Ihr mit dem WiFi verbunden seid. (nervig, aber noch verständlich)
Ob sich dieser nun wirklich an seinen Namen hält oder nicht, ist uns hier erstmal egal, weil die Firewall dafür sorgt, dass es so ist.
Nun könnt Ihr das Internet-LAN-Kabel wieder in Euren Router zurück stecken und der Drucker selbst kommuniziert nicht mehr ungefragt über das Internet.
Das heisst aber auch, dass Ihr kein OverTheAir-Update der Firmware durchführen könnt, man kann aber eventuell auch über die SD-Karte oder die Software neue Firmware aufspielen. Es ist dann nur etwas manueller als eben direkt über den Drucker.
Dies ist aber nur der eine Teil des Problems. Der zweite ist natürlich die Software oder App, die eventuell auch Daten ins Netz lädt.
Hier gibt zwei Möglichkeiten: Blockt alle Verbindungen über Euer Netzwerk zu URLs und Domains von BambuLab. Das ist machbar, könnte Euch aber auch mal vor andere Probleme stellen, denn z. B. wisst Ihr nie, ob es auch nach einem Update diese Domains geblieben sind und ob Ihr alle zu blockenden Endpunkte findet ist auch fraglich. Denn hier sind z. B. auch AWS (Amazon Cloud) URLs dabei, die eventuell für andere Apps und Software benötigt werden.
Die zweite Möglichkeit ist die Verwendung der OpenSource-Slicer-Software “Orca“ (https://github.com/SoftFever/OrcaSlicer). Diese unterstützt BambuLab und ist praktisch die OpenSource-Variante von Bambu Lab Studio. Ob es hier zu Daten-Klau kommt ist zumindest unwahrscheinlicher. Auch hier müsstet Ihr Euch allerdings mit dem Nutzeraccount (s. u.) anmelden, wenn Ihr direkt über WiFi drucken würdet und ob am Ende Daten übertragen werden oder nicht kann man auch hier nicht 100% ausschließen. (nein, OpenSource heisst nicht, alles ist sicher! Man kann nur etwas besser nachschauen, ob es sicher ist, wenn man sich damit auskennt)
Deshalb habe ich mich erstmal dazu entschlossen doch per MicroSD-Karte zu drucken und Orca ohne Verbindung zu Bambu-Labs Account zur Generierung des GCodes zu nutzen.
Aber kann dann OrcaSlicer nicht trotzdem Daten versenden?
Da Orca kein “fest installiertes“ Programm ist, kann man dieses auch etwas schwieriger blocke, aber auch das geht natürlich.
Wenn Ihr also dem OpenSource-Ansatz nicht traut und wirklich ganz sicher sein wollt: Verwendet einfach z. B. die Windows Firewall zum Blocken der Software.
Das geht dann so:
1.) Start-Menü aufrufen und nach “Firewall“ suchen. Ihr solltet unter “Apps“ den Eintrag “Windows Defender Firewall mit erweiterter Sicherheit“ finden.
2.) Klickt links auf “Ausgehende Regeln“.
3.) Rechts steht dann “Neue Regel...“. Bitte anklicken.
4.) Nun wählt Ihr “Programm“ und “Weiter“.
5.) Bei “Dieser Programmpfad“ klickt Ihr auf “Durchsuchen“ und navigiert zu “orca-slicer.exe“ und klickt nach der Auswahl auf “Weiter“.
6.) Wählt “Verbindung blockieren“ und “Weiter“.
7.) Wählt “Domäne“, “Privat“ und “Öffentlich“ an.
8.) Gebt einen sinnvollen Namen und eine kleine Beschreibung an, solltet ihr in Zukunft die Regel wiederfinden / deaktivieren wollen und drückt dann auf “Fertig stellen“.
Jetzt kann die Software nicht mehr ins Internet kommunizieren.
Einziger Nachteil: Jetzt müsst Ihr Euch selbst um Updates bemühen und die entsprechenden Updates im Internet über den Browser selbst heraussuchen.
2.) Ihr benötigt ein Android oder iOS-Smartphone, das ihr per Bluetooth und WiFi mit Eurem Netzwerk verbunden habt.
...zumindest wenn ihr außer mit derm SD-Karte etwas drucken wollt und Firmware-Updates haben möchtet und ganz wichtig:
Ihr könnt ohne so ein Smartphone und einen Bambu Lab-Account Euren Drucker nicht ins Netzwerk setzen. Es ist obligatorisch einen auf dem Drucker-Display dargestellten QR-Code einzuscannen und diesen dann mit der App aus Google Play, bei der Ihr Euch mit dem Bambu-Account einloggen müsst, einzuscannen, der dann per Bluetooth-Verbindung (ja, die muss an sein und überträgt dann ähnlich wie bei WPS die Wifi-Informationen des Smartphones an den Drucker.
Es gibt z. Z. keinen manuellen Modus, um den Drucker ins Netzwerk zu bringen, bei dem Ihr ein Netzwerk aussuchen und ein Passwort eingeben könntet, oder ähnliches!
Gibt es eine Lösung?
Tja, schwierig. Einmal werdet Ihr ein solches Smartphone und die App benötigen. Allerdings könnt Ihr danach die App deinstallieren und der Drucker bleibt im Wifi-Netzwerk.
Das stellt aber z. B. für SailfishOS-Nutzer zur Zeit ein Problem da. Ihr werdet Euch zumindest temporär ein entsprechendes Smartphone von der Familie oder Freunden leihen müssen. (wenn Ihr eine andere Idee habt, bitte lasst es mich wissen :))
3.) Zwang zum Bambu Lab-Account
Um den Drucker kaufen zu können, müsst Ihr Euch einen Bambu-Lab-Account zulegen, der dann später (zumindest Standardmäßig) mit dem Drucker, App und Bambu-Studio (der Slicer-Software) verbunden wird.
Gibt es eine Lösung?
Wie man es sieht. Den Account könnt Ihr nicht ganz vermeiden, denn zum Bestellen benötigt Ihr einen, aber wenn ihr den Account dann nicht mit dem Drucker direkt verbindet sondern über die SD-Karte allein druckt (und die oben genannten Maßnahmen beachtet), wird er wenigstens nicht weiter mit Daten gefüttert.
4.) Der Drucker ist recht laut
Wenn Ihr den Drucker nicht in der Garage oder im Keller betreibt sondern ihn im Büro oder im Schlafzimmer aufstellen möchtet, könnt Ihr bei der Lautstärke vermutlich eher schlechter schlafen. Der Drucker selbst ist es dabei gar nicht sondern das Kühlsystem. Die Lüfter sind deutlich lauter. Dies liegt u. a. an der Geschwindigkeit, mit der der Drucker drucken kann. Dadurch benötigt er schneller Abkühlzeiten.
Gibt es eine Lösung?
Ja, man könnte andere Lüfter von z. B. BeQuiet! einbauen. Ob damit allerdings auch die Garantie erlischt ist nicht ganz geklärt, aber es wird auf alle Fälle Diskussionen geben, wenn das passiert. Mit BeQuiet oder Noctuar-Lüftern kann man die Lautstärke aber ein gutes Stück verringern.
5.) Der Wechsel zwischen Farben/Materialien über das AMS kann lange dauern
Lange ist hier natürlich relativ. Prinzipiell ist es ja ein Feature, das viele anderen Drucker gar nicht bieten. Aber man sollte sich eben klar sein, dass der Drucker pro Farbwechsel ca. 90 Sekunden benötigt. Das hört sich ganz in Ordnung an und ist es auch, aber ganz wichtig: Das gilt natürlich eventuell pro Druck-Ebene / Layer.
Das bedeutet, habt ihr ein Modell, das pro Drucklayer mehrere Farbwechsel benötigt wird es ganz schön langwierig. Man sollte also versuchen die Orientierung des Objektes so anzupassen, dass die Farbwechsel möglichst selten passieren.
Und soviel dann erstmal zu meinen ersten Erfahrungen mit dem P1S. Auf der einen Seite sehr schöne Drucke, auf der anderen Seite schwere Datenschutzprobleme und Bedenken, um die ich mich bei z. B. dem Makerbot Replicator 2 so gut wie nie sorgen machen musste. (ob es da auch angebracht wäre, ist eine andere Frage, aber die Wahrscheinlichkeiten sind viel geringer bei diesem Model gewesen)
Mehr zum neuen Drucker Bambu Lab P1S, dem AMS und neue Drucke werden bestimmt bald hier zu sehen sein :).